Auf den Klippen, die direkt ins Meer abfallen, sehen wir die „Cappella della Madonnetta – Kapelle der kleinen Madonna“, einer der traumhaftesten Orte des Archipel von La Maddalena.
„Zi Cristu“ und die Geburt der kleinen Kapelle
Die Geschichte erzählt, daß der Hummerfischer Michele Scotto, sein Spitzname war „zi Cristu“, was man als „Onkel Christus“ übersetzen könnte, einmal mit seinem Boot in ein ganz schlimmes Unwetter geriet und im Moment höchster Verzweiflung die Heilige Maria anrief. Er fand unter einem Granitfelsen Schutz und beschloß mit einem Marienbild und einer Kerze, die er jeden Mittwoch anzündete, für sein Überleben zu danken; aus dem Bild wurde bald eine Marienstatue. Die Anbetung der Heiligen fand unter den Menschen immer mehr Verbreitung, besonders unter den Fischern von La Maddalena, so daß der Ort sich zu einer Art Wallfahrtsort entwickelte. Ein Soldat äußerte den Wunsch, eine kleine Kapelle zu bauen, und mit der finanziellen Hilfe der Ansässigen konnte dieser Wunsch 1928 in die Realität umgesetzt werden. An jedem ersten Mai des Jahres findet hier eine religiöse Feier statt; man trifft sich für ein gemeinsames Mittagessen und am Nachmittag wird eine Messe zu Ehren der Madonna abgehalten. In den letzten Jahren haben auch viele Brautpaare diese Kapelle ausgesucht, um sich das Ja-Wort zu geben.
Bucht der Franzosen
Gleich unter dem Granitfelsen mit der Kapelle, liegt die Bucht „Cala Francese oder Bucht der Franzosen“, die wir leider von hier aus nicht oder nur teilweise einsehen können. Auf der Nordseite umschließen Granitfelsen schützend die Bucht und ihren Strand. Die Farbe des Meeres ist beeindruckend, fast türkis mit hier und da etwas dunkleren Schattierungen aufgrund der auf dem Meeresgrund wachsenden Posidonia. Sie ist eine der schönsten Buchten von La Maddalena, auch wenn das Wasser sofort sehr tief wird. Dank ihrer Form ist diese Bucht vor dem Wind Maestrale geschützt, auch wenn sie auf der Westseite der Insel liegt. In der Nähe des Strandes, wo einst am Ende des 18. Jahrhunderts die Steinmetze des nahe gelegenen Steinbruchs lebten, finden wir heute eine kleine Residence.
Der französische Steinbruch
Nahe bei der Bucht Cala Francese befindet sich der alte Steinbruch „Cava Francese“. Der Name „Französischer Steinbruch“ wird darauf zurückgeführt, daß die Verantwortlichen meist aus dem transalpinen Raum kamen wie zum Beispiel viele der Ingenieure, dagegen kamen viele der Arbeiter aus Korsika. Der Steinbruch gehört der aus Genua stammenden Familie Grondona. Der Abbau des Granites begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und dauerte bis zum Zweiten Weltkrieg, danach wurde der Abbau aufgrund der hohen Transportkosten aufgegeben. Noch heute kann man die alten und verwitterten Maschinen und Geräte sehen, die damals benutzt wurden. Der Granit aus diesem Steinbruch war wegen seiner Härte sehr geschätzt und wurde bei wichtigen Bauarbeiten in der ganzen Welt eingesetzt wie zum Beispiel das Monument zur Verteidigung von Ismailia am Suezkanal, die Häfen von Alexandria in Ägypten und Genua in Italien, die Palatino-Brücke in Rom und entlang des Tibers, nur um einige zu nennen.
Und zum Schluss noch eine Kuriosität
Eine Kuriosität: viele Jahre lang dachte man, daß der Granitsockel der Freiheitsstatue in New York aus dem „Französischen Steinbruch – der Cava Francese“ von La Maddalena stamme. Als das 100jährige Bestehen der Statue im Jahr 1986 gefeiert wurde, stellte Pasqualino Serra, der Besitzer der Steinbrüche der Insel Santo Stefano bei seinem Besuch fest, daß der Granit nicht aus Sardinien kommen konnte. Erstens existieren keine Dokumente, die dies bezeugen, zweitens, weil er durch Zufall eine Studie entdeckte, die bislang unbekannt war, und die bescheinigte, daß die vier Quader aus einem Steinbruch in Connecticut kamen und zwar aus der Gegend von Stony Creek. Dazu sei allerdings gesagt, daß der Besitzer dieses Steinbruchs, ein Schotte, viele Einwanderer auch italienischer Herkunft als Arbeiter anstellte, um den Sockel herzustellen. Die Statue ist insgesamt 93 Meter hoch und wiegt 204 Tonnen (die Gewichtsangabe kann je nach Ursprung unterschiedlich sein).